11.1.2021
Einführung
Einen herzlichen Gruß euch allen, die ihr dieses „Gebet in der Welt“ heute mitbetet. Es ist das
erste in einem neuen Jahr, das neben vielem anderen auch geprägt ist von der wachsenden
Hoffnung, dass wir uns bald wieder näherkommen und uns real begegnen und berühren dürfen.
In den vergangenen Monaten ist dieses Thema „Nähe“ und „Berührung“ immer mehr in den Fokus
der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt.
Immer schon waren Menschen einsam und hungerten nach Berührung und der Nähe eines
anderen Menschen, immer schon starben Menschen ohne eine tröstende, Halt gebende Hand, die
sich behutsam auf ihre gelegt hat. Aber dass so etwas für so viele Menschen weltweit einfach
grundsätzlich verboten und verunmöglicht wurde – sowohl das Nähe-Empfangen als auch das
Nähe-Schenken –, das ist neu.
Ich lade euch ein, heute für alle Menschen zu beten, die sich nach Berührung und Nähe sehnen.
Lied Geist der Zuversicht, Lobe 125
Hinführung
Unsere Gesellschaft verarmt „berührungstechnisch“, unsere Haut voll Hunger nach Berührung. Vielerorts
werden die Auswirkungen des Mangels an körperlichen Berührungen thematisiert.
Zu wenig vertrauensvolle körperliche Nähe bewirkt, dass Menschen seelisch und körperlich
verletzbarer und kränker werden, als es vielleicht schon vor Beginn der Coronapandemie war. Auch damals gab es schon einen für viele sensible Menschen über Jahrzehnte hinweg wahrnehmbaren Entfremdungsprozess der Menschen untereinander. Wenn es in meinem Job nur auf das anzukommen scheint, was ich (nicht) leiste, unabhängig von meiner Person und Persönlichkeit, werde ich funktionalisiert oder funktionalisiere andere, wenn sie sich für mich nur noch in Zahlen, Lohnsummen und Kennziffern abbilden.
Wohltuende Berührung ist heilsam in jeder Hinsicht
Jesus wusste das. Er nahm Kinder in seine Arme, legte ihnen die Hände auf und segnete sie. Er
wusch den Jüngern die Füße und ließ sie an seine Brust lehnen. Er nahm das gestorbene
Mädchen an der Hand und hieß sie aufZUERstehen. Er berührt die Augen der Augen- und Herzensblinden und macht sie sehend, bis heute. Selbst in der scheuen Berührung durch die blutflüssige Frau wird heilsame Kraft wirksam. Den auch heute noch Taub- und Stummgemachten legt er die Finger in Ohren, Herz und Seite (Thomas) und berührt seine Zunge mit Speichel. Er schreckte auch nicht davor zurück, Aussätzige anzufassen.
Segen und die Kraft, heil zu werden, wird körperlich weitergegeben, ist ein zutiefst sinnliches und ganzheitliches Erleben, weshalb es auch so unsinnig ist, „Gegenstände zu segnen“ (so, als ob wir es könnten) oder sie „der Segensgewalt Gottes“ anzuvertrauen…
Evangelium + Aus dem heiligen Evangelium nach Markus (Mk 10,13-16)
Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre.
Die Jünger aber fuhren sie an.
Als es aber Jesus sah, wurde er unwillig und sprach zu ihnen:
Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes.
Wahrlich, ich sage euch: Wer das Reich Gottes nicht empfängt wie ein Kind, der wird nicht
hineinkommen.
Und er herzte sie und legte die Hände auf sie und segnete sie. . (Lutherbibel 2017)
Stille
Lied Bei Gott bin ich geborgen, Lobe 35
Fürbitten Beten wir für alle Menschen, die sich nach wohltuender Nähe und Berührung sehnen.
Beten wir auch für die, die Angst haben vor Nähe, weil sie Berührung als übergriffig, verletzend
und schmerzhaft erlebt haben.
Liedruf: Bonum est confidere, Lobe 36
Vater unser
Segne Vater, segne unsere Augen.
Schenke uns einen Blick voll Liebe für die Menschen, denen wir begegnen.
Segne unsere Ohren.
Öffne sie auch für das Unausgesprochene – die Sehnsucht und die Not und dass jemand uns
braucht.
Segne unseren Mund.
Lass uns Worte voll Vertrauen und Hoffnung sprechen, die wahr sind und Mut machen.
Segne unsere Hände.
Lass uns spüren, wann eine zärtliche, Halt gebende und segnende Berührung guttut.
Segne unseren ganzen Körper.
Mach ihn zu einem Werkzeug, das durchlässig ist für deine heilsame Kraft und deine Liebe.
Segne uns in dieser Nacht und immer. Und alle Menschen, an die wir heute gedacht und die wir vergessen haben-mit oder ohne Absicht.
Evensong Strophen: 1,4,5, Lobe 103